Interview mit Absolvent Michael Weber
Michael Weber schloss 2013 die Technische Fachschule ab und berichtet in einem Interview für die aktuelle Ausgabe unseres Jahresberichts über seinen Job bei Airbus in Hamburg. Das Interview wurde von Michael Jäger, Marcel Mairhofer und Alexander Schroll (alle 2AH) geführt.
Michael Weber, Qualitätssicherung (Quality Assurance Final Assembly Line A320 Family) bei Airbus in Hamburg
Können Sie uns Genaueres über Ihre Firma erzählen?
Airbus ist der größte europäische Flugzeughersteller und seit Ende 2019 der größte weltweit. Zusammen mit dem amerikanischen Konkurrenten Boeing bildet Airbus den Duopol in der Luftfahrtbranche. Eines der wichtigsten Zugpferde für Airbus ist die A320 Family, die aufgrund ihrer vielen Optionen, wie z.B. Reichweiten-, Passagierkapazitäten- und Nutzlasten-Anpassungen für die Airline von enormem Interesse ist. Der A320 wird in 4 Ländern final assembliert, wobei sich 4 Fertigungsendlinien in Hamburg befinden. In der Fertigungsendlinie werden Unterbaugruppen wie z.B. Rumpfsektionen, Leitwerke, Triebwerke, Fahrwerke, Ausrüstungssysteme wie Elektrik, Hydraulik, Pneumatik und „Fly by Wire“ Flugsteuerung verbunden, geprüft und dokumentiert.
Wie sind Sie auf Ihren derzeitigen Arbeitgeber aufmerksam geworden bzw. er auf Sie?
Aufmerksam auf meinen jetzigen Arbeitgeber Airbus bin ich durch meine erste Arbeitsstelle bei FACC geworden, bei der ich die Möglichkeit bekam im Qualitätsbereich Erfahrung zu sammeln. Da durch diese Tätigkeit mein Interesse an der Luftfahrt geweckt wurde und ich mich nach einiger Zeit nach neuen Herausforderungen sehnte, bewarb ich mich bei Airbus Deutschland.
Welche Tätigkeitsbereiche standen zur Wahl?
Zur Auswahl stand ein Angebot bei Airbus Helikopter Donauwörth und eines bei Airbus Commercial Aircraft Hamburg. Da mir unter anderem der Tätigkeitsbereich bei Commercial Aircraft aufgrund seiner Vielfalt und seinem komplexeren Zusammenspiel eher zusagte, fiel meine Entscheidung schlussendlich auf Hamburg.
Müssen Sie immer noch die gleiche Arbeit verrichten wie am Anfang oder hat es sich im Laufe der Zeit verändert?
Zu Beginn wird der Fokus primär auf operative Quality-Tätigkeiten gelegt, um das Flugzeug (A320) kennenzulernen, parallel dazu sind die Prozesse und Verantwortlichkeiten der verschiedenen Supplier und Partner kennenzulernen.
Nach bestandener Fremdprüfer-Ausbildung fungiere ich als Prüfer, als Ansprechpartner für Qualitätsfragen und als Bindeglied an der Schnittstelle von der Produktion zu Partner, Zulieferer und Kunde.
Airbus A320neo easyJet (Quelle: Airbus)
Was finden Sie am interessantesten an Ihrem Beruf/Tätigkeitsbereich?
Eine der interessantesten Aspekte meiner Arbeit ist der technische Bereich, die Produktion des Luftfahrzeugs und die Verantwortung bei technischen Abnahmen bzw. Konformitätsbestätigungen.
Nennen Sie drei Punkte, von denen Sie denken, dass Sie in Ihrem Berufsleben am meisten durch die Ausbildung an der HTL bzw. Technischen Fachschule profitieren.
Am meisten profitiere ich durch die sehr gute technisch breitgefächerte, aber auch allgemeine Ausbildung und von der Möglichkeit, mich in unterschiedlichen Bereichen weiterzuentwickeln.
Wie wichtig waren für Sie die praktischen Erfahrungen aus der Werkstatt und den Ferialpraktika?
Die internen bzw. externen Praxisstunden gaben einen guten Einblick in die Bearbeitung unterschiedlichster Werkstoffe und man lernte produzierende Unternehmen kennen. Außerdem forderten und förderten sie nebenbei, wenn auch unbewusst, Soft Skills wie Teamfähigkeit. Die Praxisstunden waren auch eine Orientierungshilfe für den späteren Berufsweg.
Wie wichtig sind Fremdsprachen in Ihrem Beruf?
Die Luftfahrtsprache ist Englisch und diese Sprache ist somit essentiell für meinen Beruf – sowohl für das Lesen von Bauzeichnungen, Normen, Spezifikationen, das Beschreiben von Nichtkonformitäten bzw. Bauabweichungen als auch für die Kommunikation.
Wie sehen die Weiterbildungsmöglichkeiten bei Airbus aus?
Es gibt Autorisierungsstufen, die aus bestimmten einzelnen Ausbildungsmodulen bestehen. Sobald man alle Ausbildungsmodule abgeschlossen hat, kann man die nächste Autorisierungsstufe beantragen. Es gibt aber auch die Möglichkeit, optionale Ausbildungen zu absolvieren.
Wie steht es um die Bezahlung?
Das Gehalt fällt gut aus. Des Weiteren steigt die Bezahlung mit jeder Autoritätsstufe und optionalen Weiterbildung an. Um wie viel sich das Gehalt steigert, ist nicht festgeschrieben, sondern individuell an die verschiedenen Ausbildungsstufen angepasst.
Wie flexibel sind Ihre Arbeitszeiten? Gibt es Gleitzeit und Ähnliches?
Gearbeitet wird in unserem Bereich in Früh- und Spätschicht. Aufgrund der Corona-Maßnahmen gibt es nun strenge Anfangs- und Endzeiten, um Überschneidungen zu vermeiden.
Die Luftfahrtindustrie befindet sich derzeit in einer ihrer schwierigsten Krisen, wird in der Zukunft aber weiterhin Talente für künftige Innovationen benötigen. Welche Zukunftsperspektiven sehen Sie für sich und Ihre Kollegen?
Da der weltweite Flugverkehr, die Zulieferketten und die Liquidität mancher Airlines eingeschränkt sind, ist die Luftfahrtbranche enorm in Mitleidenschaft gezogen worden. Folglich musste auch Airbus die Produktionsrate drastisch reduzieren. Je nach weiterem politischem Geschehen und unabsehbarem Reiseverlangen nach der „Corona-Krise” wird eine Ratensteigerung dennoch langsam anlaufen. Aufgrund der aktuellen Lage sind viele Mitarbeiter gezwungen, vom Worst Case auszugehen, aber meiner Meinung nach sind wir gut gerüstet, da wir ein breites Spektrum an Qualifikationen nachweisen können.
Welche Tipps würden Sie als Absolvent uns Schülern geben?
In beruflicher Hinsicht ist auf jeden Fall einen HTL- oder Fachschulabschluss zu forcieren, da dieser einen der wichtigsten Meilensteine im weiteren Berufsleben darstellt. Es ist auch wichtig, sich zu überlegen, welche Tätigkeiten einen reizen, einem liegen und Freude bereiten.
Wir bedanken uns sehr herzlich für das Interview!